Freispielen oder Noten lernen
- Remigius Schombara
- 4. Feb.
- 2 Min. Lesezeit

In meiner musikalischen Laufbahn hatte ich das Privileg, mit einer Vielzahl von Musikern zusammenzuarbeiten, von denen viele das freie, intuitive Spiel ohne Noten bevorzugten. Meine eigene musikalische Ausbildung begann jedoch mit dem Notenlesen, einem Fundament, dessen Bedeutung ich heute mehr denn je schätze.
Notenlesen ist für mich weit mehr als nur das Entziffern von Symbolen. Es ist eine Sprache, die es uns ermöglicht, musikalische Ideen festzuhalten, zu teilen und über die Zeit hinweg zu bewahren. Es ist ein Werkzeug, das uns neue Horizonte eröffnet, uns mit komplexen rhythmischen Konzepten vertraut macht und unsere Kreativität auf eine Art und Weise beflügelt, die das freie Spiel allein nicht erreichen kann.
Auf der anderen Seite ist das freie Spiel ein Ausdruck purer Kreativität und Spontaneität. Es ist ein Tanz der Seele, ein Moment, in dem wir uns von der Musik treiben lassen und unsere Gefühle und Gedanken ohne die Zwänge der Notation ausdrücken können. Es ist ein unglaublich befriedigendes Gefühl, einfach loszutrommeln und zu sehen, welche musikalischen Landschaften sich vor uns auftun.
Ich bin davon überzeugt, dass Notenlesen und freies Spielen keine Gegensätze sind, sondern sich vielmehr ergänzen und bereichern. Für mich liegt der Schlüssel darin, beides in Einklang zu bringen. Ich nutze das Notenlesen als Inspirationsquelle, um neue Ideen und Techniken zu entdecken, die ich dann in meinem freien Spiel erkunden und weiterentwickeln kann.
Ein Beispiel dafür ist meine Herangehensweise beim Üben. Ich beginne oft damit, eine Übung aus Noten zu studieren und zu verinnerlichen. Sobald ich die Noten verstanden habe, lasse ich sie los und versuche, die Übung frei aus dem Kopf zu spielen. Dieser Prozess schärft mein Gedächtnis, stärkt meine rhythmische Vorstellungskraft und gibt mir ein Gefühl der Freiheit und Kontrolle über das Gelernte.
Ein weiterer Vorteil des Notenlesens ist die Möglichkeit, musikalische Ideen festzuhalten und zu teilen. In meiner Jugend hatte ich oft das Problem, dass wir in Bandproben stundenlang an Ideen arbeiteten, diese aber bis zur nächsten Probe wieder in Vergessenheit gerieten. Notenlesen hätte uns damals geholfen, diese flüchtigen Momente der Kreativität einzufangen und sie später weiterzuentwickeln.
In der professionellen Musik ist das Notenlesen unerlässlich. Es spart Zeit, Nerven und ermöglicht eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Musikern. Stellen Sie sich vor, ein Orchester würde versuchen, ein komplexes symphonisches Werk ohne Noten einzustudieren!
Letztendlich geht es darum, dass Noten und freies Spiel sich nicht voneinander unterscheiden sollten. Sie sollten zwei Seiten derselben Medaille sein, zwei Ausdrucksformen derselben musikalischen Leidenschaft.
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